2004 Riesling trocken G-Max, Rheinhessen, Deutschland

Eigentlich wäre man gerne ein Hund. Oder lieber nicht? Wären wir ein Hund (für diejenigen, denen gespaltene Persönlichkeiten eher suspekt sind, auch mehrere), würden wir möglicherweise tatsächlich alles riechen, was sich in diesem Wein abspielt. Als Mensch scheint mir das derzeit unmöglich. Das Dumme wäre nur, hätten wir nicht gleichzeitig den eingeschränkten Verstand eines Hundes, würde uns die schiere Präsenz und Komplexität der gebotenen Aromen (von deren detonativer Energie ganz zu schweigen) innerhalb eines Augenzwinkerns in den Wahnsinn treiben. Der dilettantische Versuch einer Wiedergabe des sich Abspielenden: Verwirrender, unbeschreiblich komplexer Duft nach herben und süßen Kräutern, hochreifem Steinobst, Blüten und einer Spur Cassis mit beherrschender, packender Mineralität. Im Mund Gewalt und Eleganz in einer Form, wie sie griechische Sagenschreiber sich zusammenzuphantasieren vermochten, die sich aber mir - bis dato - nicht eröffnete. Herrliche Reintönigkeit, eine Säure wie orientalischer Gesang: durchdringend, aber nie laut; am Gaumen hallt alles wieder in Echos und Echos und Echos. Was für eine Konzentration und Dichte! Der Wein und seine extreme Mineralität legen sich nach dem Schlucken wie Blei auf die Zunge, besser wie eine Tonne Seide, in die man Rasierklingen eingewebt hat, nicht bereit, einen je wieder zu Atem kommen zu lassen. Diesen Nachhall kann man nicht glauben. Nicht Milch und Honig fließen durchs gelobte Land, mindestens eines von beiden ist das hier.

Trinkempfehlung: Bis 2020+? Was unsere Bewertungen bedeuten